Was ist die Auditiv-Verbale Therapie?

Die Auditiv-Verbale Therapie (AVT) oder „Auditory-Verbal Therapy“ wurde in den USA, Kanada und der Schweiz entwickelt und wird heute als mehrjährige berufsbegleitende Ausbildung mit Zertifizierung von der Alexander Graham Bell Academy angeboten. In Deutschland wird sie durch den Bundesverein für Auditiv-Verbale Therapie Deutschland e.V. vertreten.

Die AVT richtet sich an Eltern, die sich für ihr Kind wünschen, dass es hören und sprechen lernen wird. Sie möchten ihrem Kind die Möglichkeit geben, natürlich zu kommunizieren und gemeinsam mit seinen Freunden den Kindergarten und die Schule vor Ort zu besuchen.

Dies ist heute für die meisten Kinder möglich. Eine frühe Erkennung des Hörschadens, bestmögliche technische Versorgung mit Hörgeräten und Cochlea Implantaten sowie professionelle auditiv-verbale Therapie unter aktiver Beteiligung der Eltern ermöglicht vielen Kindern eine altersgemäße Hör- und Sprachentwicklung. Diese Förderung sollte so früh wie möglich einsetzen, um die wichtigen Phasen der Hirnreifung nutzen zu können – wenn möglich im Säuglingsalter nach Erstdiagnose.

Von größter Bedeutung für die Entwicklung des Kindes sind die Eltern, denn das Kind erwirbt Sprache und Kommunikation nicht in der Therapie, sondern im Zusammenleben mit seiner Familie, im Umgang mit seinen Freunden, im Kindergarten und in der Schule. Eine sichere Bindung, die Erfahrung, geliebt und verstanden zu werden, sich mitzuteilen und mit seinem Verhalten wirksam sein zu können, bestimmen wesentlich das Wohl des kleinen Kindes.

Die Auditiv –Verbale Therapie versteht sich als „Hilfe zur Selbsthilfe“.

In vertrauensvoller Zusammenarbeit werden die Eltern begleitet und unterstützt bei der Verarbeitung der Diagnose und der Entwicklung eigener Ressourcen. Sie werden beraten und angeleitet, die Entwicklung ihres Kindes mit besonderer Berücksichtigung seiner Hör- und Sprachentwicklung zu begleiten und zu fördern.

Die Hörreaktionen des Kindes, seine Fähigkeiten, das Gehörte zu verarbeiten, seine Äußerungen und kommunikativen Strategien sowie wichtige Aspekte seiner allgemeinen Entwicklung werden den Eltern in jeder Sitzung erläutert und schriftlich dokumentiert. Als „roter Faden“ dienen Ziel- und Behandlungspläne, die gemeinsam besprochen werden.

Die Auditiv-Verbale Therapie orientiert sich in ihrer Zielsetzung an der natürlichen kindlichen Entwicklung unter Verwendung eines „Curriculums zum Hören Lernen“.

Die Inhalte und Ziele der Begleitung und Förderung von Familie und Kind folgen den Leitlinien und Prinzipien der AVT und sind individuell auf die Familie, auf ihre Bedürfnisse, Wünsche und Möglichkeiten abgestimmt.

Da ein Kind nur sprechen lernt, was und wie es hören und verarbeiten lernen kann, ist es von grundlegender Bedeutung sicherzustellen, dass das Kind technisch bestmöglich versorgt ist und versorgt bleibt. Daher begleitet die AV-Therapeutin die technische Anpassung von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten in enger Kooperation mit den Pädakustikern und Klinischen Ingenieuren, die die Anpassung der Hörgeräte und Cochlea Implantate durchführen.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit umfasst darüber hinaus alle an der Förderung und Behandlung des Kindes beteiligten Personen.

Die in der Regel wöchentlich stattfindenden Sitzungen haben Modellfunktion.

Die Eltern werden in ihrer Beziehungsgestaltung zu ihrem Kind unterstützt und erwerben Strategien und Techniken, die sie zu Hause im Alltag und im Spiel umsetzen, um dem Kind das Hören und Sprechen lernen zu erleichtern. So gewinnen sie Sicherheit und schaffen im täglichen Umgang mit ihrem Kind ein Umfeld, das Hören und Kommunizieren begünstigt. Das Kind lernt „Sprechen durch Hören“.

In der AVT kommt der Beratung, Anleitung und Begleitung der Eltern die gleiche Bedeutung zu wie der besonderen Förderung des Kindes. Gespräche zur Entwicklung, Erziehung, zum Spiel-, Eß-, Schlafverhalten, zur Auswahl des Kindergartens und der Schule sind häufig Bestandteil auditiv-verbaler Praxis.

Die Auditiv-Verbale Therapie als Teil Auditiv-Verbaler Praxis unterstützt Eltern von Kindern mit Hörschädigung mit dem Ziel, dem Kind zu helfen, hören, verstehen und kommunizieren zu lernen und sich bestmöglich zu entwickeln. Da die Verarbeitung auditiver Reize im Gehirn stattfindet, Hören und Verstehen kognitive Prozesse sind, erwirbt das Kind wichtige Strategien, um auditive Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern. Die Kommunikation mit seiner Umwelt erfordert darüber hinaus sprachliche und soziale Erfahrung und Kompetenzen, damit diese gelingen kann.

Ziel der Auditiv-Verbalen Therapie ist es, das Kind zu begleiten, zu unterstützen und zu fördern, um sein individuelles Potential zu entfalten. Gemeinsam mit den Eltern helfen wir ihm, erfolgreich zu kommunizieren, soziale Kontakte zu knüpfen, sich vielseitig zu entwickeln, seine Interessen zu vertreten und ein zunehmend selbständiges Leben zu führen.

Viele Kinder entwickeln sich wie andere Kinder ihres Alters. Sie besuchen Regelkindergärten und die Schulen vor Ort.  Manchen Kindern ist dies aufgrund zusätzlicher Verarbeitungsprobleme nicht immer möglich. Sie sind in ihrer Entwicklung erheblich beeinträchtigt und benötigen oftmals zusätzlich zur Auditiv-Verbalen Therapie viele weitere Fachleute. In manchen Fällen ist die AVT Teil eines komplexen Netzwerkes von Fördermaßnahmen. Aber gerade auch diese Kinder benötigen bestmögliche technische Voraussetzungen und intensive spezialisierte Förderung, um Hören, Verstehen, Sprechen und Kommunizieren zu lernen. Auch sie benötigen ein sprachreiches, anregungsreiches Umfeld, das Hören und Sprechen begünstigt.

Auditiv-Verbale Therapie gelingt, wenn Eltern verstehen, wie ihr Kind reagiert und sie Möglichkeiten erwerben, ihr Kind zu unterstützen. Wenn Eltern und Kind sich wohl fühlen und erfahren, dass sie mit ihrem Verhalten wirksam sein können.

AVT schafft Zuversicht, wenn das Kind die Möglichkeit erhält, Hören zu lernen, weil seine technische Versorgung sehr gut ist. Wenn es sprechen lernen kann, weil es Sprache hören lernt.

AVT zeigt Perspektiven und Möglichkeiten auf durch Gespräche, gemeinsame Aktivitäten, mit Hilfe von  Zielplänen und Material.

AVT motiviert, wenn Eltern und Kind erfolgreich miteinander kommunizieren. Wenn alle sich gegenseitig zuhören, verstehen und mitteilen können.

AVT macht Freude, wenn die Aktivitäten Spaß machen, interessant sind und vom Kind bewältigt werden können. Wenn das Kind aufmerksam ist und die Eltern Entwicklung und Fortschritte erleben.

AVT gibt Sicherheit, wenn Eltern und Kind in ihren Bemühungen und Anliegen unterstützt werden. Wenn sie vielfältige Informationen erhalten, um informierte Entscheidungen treffen können.

„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zupft“,
lautet ein afrikanisches Sprichwort.

„Aber man kann es gießen“
Eltern eines Kindes mit Hörschädigung


mehr zur AVT unter bvavt.de